Mythos oder Wahrheit, Fakten oder Fake? Gedankenspiele und Tatsachen über die Pelz Industrie

Schon immer haben Geschichten und Erzählungen mit den Worten „Es war einmal“ begonnen. Beginnen also auch wir in dieser Tradition und berichten über Ereignisse, Überlegungen und Annahmen, über Lügen, Täuschungen und Fakten, die sich um die Pelzindustrie ranken. Und wie bei jeder guten Geschichte, so könnte auch hier das eine oder andere Körnchen Wahrheit verborgen sein – oder eben auch nicht.

Es war einmal ein junger Mensch, der nur ungern arbeitete, aber gerne und viel im Internet surfte. Dabei fielen ihm die unzähligen Tiervideos auf, die in Videoportalen und Netzwerken zu sehen waren. Unser „Held“ – nennen wir ihn „Peter Musterpelzmann“– erkannte schnell auch die große Zuneigung, die man den Tieren dort entgegenbrachte. Hier sah Peter seine Chance auf das ganz große Geld und hatte schnell sein ganz spezielles „Geschäftsmodell“ entwickelt. Er würde einfach an die Gefühle und das Mitleid seiner europäischen Zeitgenossen appellieren und so sehr schnell sehr reich werden. Deswegen spielte es für Peter keine Rolle, ob andere Tierfarmen für Nutztiere (Schweine, Kühe, Hühner) strenge Auflagen erfüllen müssen. Peter will an das große Geld und das steckt seiner Ansicht nach vor allem in der Pelzzucht, weil das Fell hier einen besonders starken Stellenwert genießt. Verwertbare und hochwertige Tierfelle können sich nur bei einer optimalen Tierhaltung entfalten. Fellschäden durch Beschädigungen, Wunden oder Krankheiten, wie man sie bei der Käfighaltung von anderen Nutztieren oft findet, würden das kostbare Fell unbrauchbar machen.
Alles, was Peter für seinen Plan brauchte, waren einige unscharfe Videos von verletzten oder gequälten Tieren. Und sogar seine zukünftigen Opfer kannte Peter schon ganz genau. Den Pelzkunden wollte er an die Brieftasche. Viele Pelzkunden haben eine große Leidenschaft für die Tiere und sind dazu noch recht vermögend. Diese Kombination, zusammen mit herzzerreißenden Tierfilmchen, müsste das Geld direkt auf Peters Konto sprudeln lassen, da ist er sich sicher.

Leider erwies sich sein Vorhaben aber als schwieriger als gedacht, denn das Quälen von Nerzen, Zobeln, Füchsen oder Chinchillas würde den Züchtern in ganz Europa natürlich das eigene Geschäft verderben. Zwar haben auch einige Züchter und Bauern ihren Preis, der ist aber in anderen Ländern weitaus niedriger als hierzulande. Uns so findet sich Peter samt seiner Videokamera wenig später in einem kleinen Dorf in Asien wieder, wo er den Grundstein für seine kriminelle Laufbahn legte. Peter plant nämlich einige Videos von gequälten Tieren zu machen, die er dann im Internet verbreiten will. Ein Spendenkonto und ein einprägsamer Slogan zur Tierrettung würden seinen Betrug abrunden. Auf diese Weise müsste sich seine verbrecherische Energie sehr schnell in bare Münze umwandeln lassen. Außerdem setzte Peter auf den Domino-Effekt, denn eine große Resonanz auf die Videos soll die Nachfrage ankurbeln und mehr Tiervideos bedeuten auch mehr Geld. Die Tiere selbst würden davon leider keinen Vorteil haben, aber das war auch nie beabsichtigt.

Peter suchte sich in dem asiatischen Dorf also einen Bauern, der in einfachsten Verhältnissen lebt und macht ihm ein verlockendes Angebot. Im Gegenzug für einen ganzen Jahresverdienst des Bauern kann unser Protagonist nun mit seiner Kamera die Aufnahmen machen, die das Herz jedes Europäers erweichen. Der Bauer hat kein Problem damit, seine Tiere für die Kamera zu quälen, wobei Peter ihn dabei immer wieder anfeuert. Schließlich wächst mit dem Grad der Qualen auch der Verdienst von Peter, dessen ist er sich sicher. Die Bilder aus Asien erzeugen Abscheu und Wut bei den Zuschauern sowie bei den seriösen Züchtern und Kürschnern hierzulande, bewirken aber auch eine Welle der Hilfs- und Spendenbereitschaft.

Peter ist beinahe am Ziel seines Plans. Allerdings geschieht nun etwas, womit der umtriebige Peter nicht gerechnet hat. Viele Deutsche lassen sich nicht einfach von den Bildern verführen. Stattdessen hinterfragen sie Angaben und Informationen der Filmchen und kommen dabei schnell zu dem Schluss, dass enge Käfige, unbehandelte Erkrankungen und Misshandlungen in Deutschland gar nicht möglich sind.

Natürlich genießen Pelze auch in Deutschland und Europa Ansehen und Wertschätzung. Pelzmäntel, Handtaschen oder Stolas stehen hoch im Kurs und erfreuen sich großer Nachfrage. Doch schon allein deshalb hätte unser Peter seine schockierenden Videos in Europa nicht aufnehmen können. Verletzte Tiere oder beschädigte Felle stehen dem marktwirtschaftlichen Gedanken entgegen, weil derartige Felle natürlich keine Abnehmer finden würden. Züchter und Bauern, die die ihnen anvertrauten Tiere misshandeln oder vernachlässigen, würden also letztlich ihren eigenen Verdienst merklich mindern. Leider tummeln sich auch in der Pelzzucht einige unseriöse Zeitgenossen, Unternehmen und Vereine. Um von ihren eigentlichen kriminellen Motiven abzulenken, stellen diese schwarzen Schafe gerne die Ölindustrie an den moralischen Pranger.

Mit Inbrunst wird dann gegen die Kunst- und Plastikpelze gewettert, weil deren Herstellung besonders umweltschädlich sei. Dazu kämen außerdem noch mangelndes Recycling sowie Unfälle von Tankern oder Bohrplattformen, was zu erheblichen Naturkatastrophen führen würde. Einzig die Ölindustrie ist hier der Gewinner, was aber in der Öffentlichkeit kaum auf Interesse stößt. Auch sogenannte Stars, Promis und VIPs, die sich aus Publicitygründen mit Pelzen ablichten lassen, spielen Peter in die gierigen Hände, weil sie den guten Ruf der Pelzindustrie für ihre Zwecke missbrauchen. Frei nach dem Motto: „Schlechte Werbung ist besser als gar keine Werbung.“

Auf schmerzhafte Weise (aber verdientermaßen) musste Peter lernen, dass die Nutzung der Natur (Tiere, Wälder, Flüsse) durchaus nichts Verwerfliches ist, solange man den Schöpfungen mit Achtung und Respekt begegnet. Verwerflich ist einzig das Bestreben, mit verdrehten Tatsachen die Gefühle vieler Tierfreunde zu missbrauchen, um sich die eigenen Taschen zu füllen, was in der Pelzzucht nun mal sehr gut funktioniert, weil die Pelzbranche einfach besonders angreifbar ist.

Auch durch einen abgeholzten Baum, aus dem später Tische oder Schränke werden, wird in die Natur eingegriffen und den Tieren stückweise der Lebensraum genommen. Allerdings weiß Peter natürlich, dass ein Holzfällervideo längst nicht so viele Spenden auf sein Konto spülen würde, wie ein Film von gequälten Pelztieren. Er orientiert sich da lieber an einem Persianer-Breitschwanzzüchter, der vor einigen Jahren ebenfalls einen großen Spendenaufruf startete. Der Züchter gab an, dass er seine Erzeugnisse aus ungeborenen Lämmern noch im Mutterleib gewinnen wolle. Diese Kampagne brachte mehrere Millionen ein, obwohl die Behauptungen des Persianers völlig absurd waren. Mühevoll gezüchtete Muttertiere sind die Basis jeder guten Züchtung und haben daher einen besonders hohen Stellenwert. Niemals würde ein Züchter diese Vorteile aufs Spiel setzen.


Ob in unserer Geschichte um den skrupellosen Peter Musterpelzmann nun ein Funke Wahrheit steckt, können Sie selbst beurteilen, wenn Sie die entsprechenden gesetzlichen Regelungen kennen. In Deutschland kommen dabei drei wichtige Kriterien zur Anwendung.

Pelztierhaltung in Deutschland

Basis für das Halten, die Aufzucht und die Verarbeitung von Felltieren ist das "Gutachten zur tiergerechten Haltung und Tötung von Pelztieren" aus dem Jahre 1986. Im Zuge der Europa-Erweiterung kamen 1999 außerdem noch die „Empfehlungen des Europäischen Rates“ hinzu. Erarbeitet wurden die EU-Richtlinien von seriösen Züchtern in Zusammenarbeit mit Tierforschern, Veterinären und Verhaltensforschern. In diesen Empfehlungen sind wichtige Eckdaten für die Bereiche Unterbringung, medizinische Versorgung, Ernährung, Personal, Equipment und schonende Tötung enthalten. Die aktuellen Empfehlungen wurden von allen EU-Ländern angenommen und innerhalb weniger Monate bereits in die Praxis umgesetzt. So sind die gewonnenen Erkenntnisse schon seit vielen Jahren Bestandteil des "Code of Practice", einem Regelwerk, das als Arbeitsgrundlage für Züchter aus ganz Europa fungiert. Das Ziel der EU-Empfehlungen ist eine artgerechte, stressfreie und individuelle Aufzucht und Betreuung der verschiedenen Pelztiere. Jeder Pelzfreund kann sich daher sicher sein, dass alle europäischen Pelze auf der Grundlage dieser Empfehlungen gezüchtet wurden.

Landwirtschaftliche Pelztierzucht

Besonderes Augenmerk bei der industriellen Aufzucht von Pelztieren kommt der landwirtschaftlichen Nutzung zu. Das Züchten von Tieren für die Fellgewinnung hat eine sehr lange Tradition, in deren Verlauf sich die Zuchttiere immer weiter von den Artgenossen in freier Wildbahn distanziert haben. So haben aufgezogene Tiere beispielsweise die Scheu vor dem Menschen oder auch den Instinkt zur Futtersuche nahezu verloren. Deswegen ist es heute nur ein schmaler Grat zwischen einer artgerechten Tierhaltung und dem Wohlergehen der Tiere. Damit diese Balance nicht verloren geht, kommen bei der landwirtschaftlichen Pelztierzucht vermehrt Veterinäre zum Einsatz, die in unregelmäßigen Abständen unangemeldete Kontrollen hinsichtlich der Tierschutzgesetze und dem "Code of Practice" durchführen.